Rechtsanwalt Sven Köppe

Lustiges und Wissenswertes über interessante Gerichtsurteile

Der „Zeugnis-Fall“

In einem arbeitsgerichtlichen Vergleich haben sich beide Parteien auf ein „gutes“ Zeugnis geeinigt. In die Vereinbarung wurde auch aufgenommen, dass der Arbeitnehmer berechtigt ist, einen schriftlichen Entwurf einzureichen, von dem sein Arbeitgeber nur aus wichtigem Grund abweichen darf.

Wie vereinbart wurde dann ein Zeugnisentwurf übersandt, wovon der Arbeitgeber, trotz der obigen Formulierung, abwich. Hiermit war der ehemalige Mitarbeiter nicht einverstanden und leitete die Zwangsvollstreckung gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber ein. Das hessische Landesarbeitsgericht stellte sich hier auf die Seite des Mitarbeiters. Problematisch in diesen Fällen ist immer, dass ein Vergleich hinreichend bestimmt sein muss, um aus diesem zu vollstrecken. Dies ist in Fällen, wo zum Beispiel nur die Beurteilung „gut“ vereinbart wird, nicht der Fall. Anders sieht es hier aus. Da auch der Zusatz aufgenommen wurde, dass der Arbeitnehmer einen Entwurf einreichen kann, liegt eine Bestimmtheit des vollstreckbaren Vergleichstextes vor. Mit dieser Formulierung hat der verklagte Arbeitgeber seine Hoheit bei der Erstellung des Zeugnisses maßgeblich eingeschränkt und auf den Arbeitnehmer übertragen. Somit obliegt es diesem allein, welche Formulierungen er positiv oder negativ hervorheben will. Aus diesem Grunde war das Zeugnis auch vollstreckbar und der Arbeitgeber musste ein Zwangsgeld zahlen. Hätte er sich weiterhin geweigert, das vereinbarte Zeugnis auszustellen, wäre der nächste Schritt die Zwangshaft des Geschäftsführers gewesen …